Die Zeit rennt

Hallo zusammen,

Als ich mich vor ganzen 6 Wochen auf die Reise meines Lebens begeben habe, dachte ich zuerst es wird bestimmt ein tolles Jahr. Doch auch hatte ich den Eindruck, dass es in dem kleinen Örtchen Whitefish eventuell etwas langweilig werden könnte. Aber was soll ich sagen, mir wird hier jede Woche aufs neue gezeigt, dass dies nicht der Fall ist, sondern mein Jahr ein richtiges Abenteuer wird.

Die letzte Woche war nämlich sehr aufregend. Als ich am Donnerstag Morgen gegen 7Uhr aufstand, wusste ich noch nicht was mich erwarten würde. Ich packte meine Tasche fürs College, setzte mich zum Frühstück hin und durchstöberte ein wenig Facebook nach den Neuigkeiten des Tages. Dann las ich einen Post meines Colleges:

,,FVCC will be closed today. All classes are canceled and all offices including the ECC will be closed.“

Mein erster Gedanke war: Ist den schon wieder der 1.April? Das kann doch nicht wahr sein, dass das College geschlossen ist,oder etwa doch? Kaum hatte ich darüber nachgedacht und wollte Gerda schreiben, schrieb sie mir schon:,, Du kannst dich wieder hinlegen,das College ist heute geschlossen“. Also begab ich mich erstmal wieder ins Bett, da ja nun ein freier Tag anstand. Das habe ich auch wirklich in meiner kompletten Schullaufbahn noch nicht erlebt, dass die Schule ausfällt. Im Normalfall würde man sich ja auch darüber freuen, wäre da nur nicht der Grund des Schließens. Kriminelle haben Bedrohungen an die Schulen und Polizeistationen hier im Valley geschickt und drohen mit etwas Schlimmen. Was dies allerdings ist, weiß zu diesem Zeitpunkt niemand. Es wird nur geraten, drinnen zu bleiben und sich nicht an öffentliche Plätze zu begeben. Daraufhin werden alle Veranstaltungen für das Wochenende abgesagt und die Straßen sind menschenleer. Keine Kinder die draußen spielen und es ist eine gewisse Angst zu verspühren. Keiner weiß etwas genaues, doch das die Schulen wegen Bedrohungen geschlossen werden ist wohl das erste Mal. Sonntag Abend sollte es dann eine Entscheidung geben, ob die Schulen am Montag wieder öffnen. Die gab es dann auch. Ab Montags sind die Schulen wieder für Lehrer, ab Dienstag für die Schüler geöffnet. Ausnahme: mein College. Aber da ich eh erst Dienstag wieder hin musste war mir das erstmal egal. Auch wenn der Post nicht gerade beruhigend war. Denn,,es besteht keine öffentliche Gefahr und wir haben die Polizeipräsenz erhöht“; deshalb waren auch zwei Tage alle Schulen im Umkreis von 2 Stunden geschlossen und sämtliche Aktivitäten abgesagt, weil jetzt plötzlich keine Gefahr mehr besteht? Aber gut. Am Dienstag holte mich Gerda dann wieder ab und wir fuhren zusammen zum College. Während der Fahrt konnte mir die Angst dann auch endlich genommen werden, denn Gerda wusste Bescheid. Es handelte sich scheinbar um Kriminelle von Übersee, die es nun auf eine Erpressung abgesehen haben, da die Schulserver gehackt wurden. Aber eine wirkliche Gefahr hat eigentlich nie bestanden.

Neben dieser Aufregung gibt es aber auch einige positive Dinge zu berichten. Am Sonntag Abend war ich zu einer Blockparty eingeladen. Das bedeutet, dass sich der komplette Block auf einer nahe gelegenen Wiese trifft, jeder bringt etwas zu essen mit und es wird sich einfach ein netter Abend gemacht. Wir haben gegrillt und ich durfte die ganze Nachbarschaft kennenlernen. Es sind wirklich alle sehr nett. Nicky, hatte sogar selbst Mal vor 8 Jahren einen Austauschstudenten aus Deutschland. Er war hier auf der High school. Das lustigste war dann allerdings, dass genau dieser Austauschstudent am Sonntag Abend mit seiner Familie vorbei kam. Sie machten eine Reise durch die USA und waren jetzt zum Abschluss nochmal hier in Whitefish. So wurde sich natürlich über die Eindrücke und Erfahrungen ausgetauscht, auch wenn sich meine Erfahrungen natürlich noch in Grenzen halten.

Doch nicht nur auf Blockpartys trifft man Deutsche, nein. Letzte Woche auf der Arbeit bediente ich einen Tisch und nahm die Bestellung auf. Plötzlich sprach der Mann zu seiner Frau auf deutsch und so kam man dann natürlich ins Gespräch. Es ist wirklich immer wieder faszinierend zu hören was die Menschen so zu berichten haben und warum sie an bestimmten Orten Urlaub machen.

Noch etwas erfreuliches ist zu berichten. Der Rauch der letzten Wochen hat sich seit Montag verzogen. Denn endlich haben wir den benötigten Regen. Hier ist es allerdings mittlerweile echt kalt geworden. Morgens haben wir hier Temperaturen von -6°C. Und das im September. Aber diese Temperaturen haben auf den Bergen natürlich dazu geführt, dass sich die rauchige und verqualmte Landschaft der letzten Wochen in ein wunderschönes, schon winterliches Paradies verwandelt hat.

Der Logan Pass im Glacier Park

Endlich kann man die Berge wieder sehen

Leider war ich noch immer nicht selbst im Glacier Park, aber meine Gastmutter will bald mit mir dort hin und Fahrrad fahren.

Aber die Natur habe ich eigentlich auch direkt vor meiner Haustür. Morgens kommt es schonmal vor, dass man von den Gesprächen von Eichhörnchen geweckt wird, oder das abends die Vögel lautstark kommunizieren. Am frühen Morgen treffe ich auch fast immer Rehe oder Füchse auf dem Weg zur Arbeit. Diese sind oft aber sehr scheu und laufen direkt davon.

Ein Eichhörnchen auf unserem Zaun
Eine Krähe, die keinerlei Scheu vor Menschen hat

Der Sport in der Wave macht wirklich Spaß. Ich habe meine Freude am Tanzen entdeckt und gehe jetzt zum Zumba und zum Oula. Zumba wird den meisten vermutlich etwas sagen. Eine Tanzrichtung aus Lateinamerika. Oula hingegen ist fast noch lustiger und wohl hier in Montana eine richtig große Sache. Es ist ein wenig vergleichbar mit Zumba aber soll hauptsächlich Spaß bringen. Einfach irgendwie bewegen. Ich finde es besonders schön, denn die Tochter meiner Hostmum, Nathalie, leitet diesen Kurs und wir haben immer sehr viel Spaß zusammen.

Dann habe ich noch eine Neuigkeit. In Absprache mit meiner Organisation Cultural Vistas und meinem Chef, darf ich im Januar eine Woche in den Urlaub fliegen. Denn meine Gastmutter und Nathalie haben mich dazu eingeladen, gemeinsam im kalten Wintermonat, während meiner Semesterferien, zu verreisen. Es wird nach Hawaii gehen. Genauer gesagt auf die Insel Kauai nach Princeville. Da freue ich mich wirklich schon riesig drauf und Mal sehen was mich dort dann erwartet.

Das ist der Rand von Princeville

So, ich denke jetzt seit ihr erstmal wieder auf dem Laufenden, denn hier passiert, wie ihr seht echt so einiges. Mal sehen ob ich auch bald von meinem Auto berichten kann. Bis dahin

Eure Viktoria

Das Leben hat begonnen

Es ist wirklich kaum zu glauben aber die ersten 4 Wochen sind bereits vorbei. Wo ist die Zeit nur geblieben? Ich muss wirklich zugeben hier ist so einiges anders, womit ich teilweise auch gar nicht gerechnet hätte. Die Autofahrer sind unheimlich vorkommend du kannst als Fußgänger einfach über die Straße gehen, die Autos achten auf dich. Es gibt keine oder nur sehr geringe Mülltrennung und noch so einiges anderes, doch dazu später etwas mehr.

Nachdem ich euch letzte Woche so schöne Bilder vom Big Mountain zeigen konnte, ist es zur Zeit eher angesagt drinnen zu bleiben oder in gut klimatisierten Räumen. Denn wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, herrschen hier besonders im Glacier National Park starke Waldbrände. Denn leider hat es in den vergangenen 4 Wochen nicht einmal geregnet. Hinzu kommt teils starker Wind, der die Brände natürlich immer wieder anfacht. Einige Teile des Parks mussten leider schon geschlossen werden und die Feuerwehrleute arbeiten Tag und Nacht. Ich habe von meiner Arbeitskollegin gehört, dass die Feuerwehrleute teilweise nur für eine Stunde nach Hause können zum schlafen und danach direkt weitermachen. Hier in Whitefish und auch in Kalispell wird zur Zeit geraten drinnen zu bleiben, da die Luft wirklich schlecht ist, sich auf die Lungen schlägt und ungesund ist. Wir hoffen (und beten) dass es bald endlich den lang ersehnten Regen gibt.

Aber das ist auch das einzige was die guten Dinge etwas in den Hintergrund rücken lässt. Denn am College läuft alles super. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass die Kurse so viel Spaß machen. Der Communication Kurs ist nochmal zusätzlich spannend. Denn wir lernen nicht nur wie man kommuniziert, sondern was ich noch spannender finde, wie Kommunikation uns beeinflusst. Klar sind ein paar Sachen dabei, die man sich schon gedacht hat, aber dann lernt man auch wieder, dass wir kommunizieren um bestimmte Bedürfnisse/Dinge zu bekommen. War euch zum Beispiel bewusst,dass ihr kommuniziert um Essen, trinken und ähnliches zu bekommen? Ich finde es jedenfalls echt spannend. Auch der zweite Kurs ist spannend, weil wir lernen wie wir ticken, auf Grund unserer Herkunft und was unsere Vorfahren gelernt und erlebt haben. Was allerdings in beiden Kursen total unterschiedlich zu Deutschland ist, dass man sein Handy, Tablet und Laptop während des Unterrichts benutzen darf. Es war wirklich verwirrend für mich, da ich gelernt habe, “keine technischen Geräte im Unterricht.“ Doch ich habe auch noch einen neuen Kurs. Den muss ich zwar selber zahlen, aber ich denke das ist es mir wert. Es ist der Chor. Da ich schon während meiner Schulzeit am Gymnasium immer im Chor gesungen habe, auch wegen meines Leistungskurses Musik ( und ich dort immer sehr viel Spaß mit den anderen Mitschülern und auch mit den Lehrern hatte 🙂 🙂 🙂 ) habe ich mich entschieden wieder in einen Chor zu gehen. Und was soll ich sagen, es macht einfach riesen Spaß meiner Musik Leidenschaft wieder nachgehen zu können. Was aber wirklich witzig ist, dass wir jetzt ein Lied in deutscher Sprache singen, da kann ich also bei der Aussprache helfen. Und man glaubt gar nicht wie schwer es anderen fällt die Wörter, speziell mit Umlauten auszusprechen. Ich habe auf jeden Fall riesen Spaß und auch schon neue Leute kennengelernt.

Ich mag dieses College einfach:)

Auch der Job ist wahnsinnig toll. Meine Kollegen sind alle super nett, helfen mir wenn ich Probleme habe und sie wollen mich schon jetzt am liebsten für immer behalten. Aber das geht ja leider nicht. Ich fühle mich dort auf jeden Fall riesig wohl. Mittlerweile mache ich nach dem Frühstück sogar immer noch etwas Lunch bevor ich nach Hause gehe. Was man aber wirklich merkt, sind die Vorschriften bezüglich des Trinkgeldes. Hier gibt fast jeder Trinkgeld und so kommt am Ende des Tages ein netter Nebenverdienst dabei heraus.

Der Kamin im Restaurant, der Bar und Essensraum trennt

Heute bin ich dann nach meiner Arbeit noch in das nahe gelegene Schwimm- und Fitnessstudio “The Wave“ gefahren. Ich will nämlich noch mehr Leute kennen lernen und Erfahrung sammeln und natürlich auch Sport machen. Deshalb habe ich mich dort für eine Mitgliedschaft angemeldet. Kostet im Monat 40$ und ich kann alles nutzen was ich möchte. Ich kann die Geräte und das Schwimmbad nutzen, aber auch in alle Sportkurse gehen und dort teilnehmen. Denke also dass das ein fairer Preis ist.

Auch wenn schon 4 Wochen vergangen sind, bin ich sehr gespannt was mich in der nächsten Zeit erwartet. Denn so langsam lebe ich mich ein und komme an. Hoffentlich gibt es bald Regen, damit auch ich dann endlich in den Glacier National Park und die Schönheit bewundern kann.

Liebe Grüße

Eure Viktoria